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Wir über uns

GUSTAVSBURG – Zur Geschäftsaufgabe kam ein Stammkunde mit einem großen Blumenstrauß in die Metzgerei Haas im Stadteil Gustavsburg. Auf einer Mundharmonika spielte er „Auf Wiedersehen“. Da kullerten vor und hinter der Wursttheke die Tränen.

Eine Szene, die davon berichtet, dass sich zwischen Familienbetrieben und der Kundschaft Beziehungen entwickeln, die weit über das rein Geschäftliche hinausgehen.

So ist es auch bei Doris und Hans Haas gewesen, die in zweiter Generation ihren Laden in der Darmstädter Landstraße nun nach 67 Jahren aufgeben. Damit schließt die letzte inhabergeführte Metzgerei im Stadtteil. Fleisch und Wurst gibt es künftig nur noch aus den Supermärkten.

Das Metzgerhandwerk lernte der heute 74-jährige Hans Haas schon als Teenager in einem Hechtsheimer Betrieb. Nach dem Tod seines Vaters, der seinen Betrieb 1950 in Gustavsburg eröffnete, musste er früh Verantwortung übernehmen.

Glück hatte der damals 20-jährige Metzgermeister mit seiner Frau Doris, die von Iserlohn an den Main zog und ihre Stelle in der Stadtverwaltung für den Betrieb aufgab. Sie brachte innovative Schubkraft in die Metzgerei und entpuppte sich als wahres Dekorationstalent mit unerschöpflicher Fantasie und Energie. Ihre kreativen Ideen mit der Gestaltung von Party-Platten und der Verschönerung des Geschäftes, machten die Metzgerei Haas weit über die Grenzen von Gustavsburg bekannt. Es gab Preise bei Wettbewerben und bundesweit erscheinende Fachzeitschriften berichteten, wie Doris Haas die Wurstwaren ihres Mannes präsentierte. Berühmt wurde ihr Wurststrauß, bei dem sie Wurst, Käse, Senftütchen und einiges mehr, gemeinsam mit Ziergräsern zu üppigen Buketts zusammenbaute. „Man darf nicht stillstehen“, heißt ihre Devise „und muss den Kunden immer etwas Neues bieten“.

„Wir haben sehr viel mit den Augen gestohlen“, schmunzelt Hans Haas, der von seiner zwölf Jahre jüngeren Gattin stets auf Trab gehalten wurde. Sie fuhren ständig auf Fachmessen oder schauten sich die Auslagen der Metzgereien in den Großstädten an. Er selbst heimste auf Wettbewerben ebenfalls viele Preise für sein Wurstsortiment ein, das zu 90 Prozent aus eigener Herstellung kam.

Den Druck von den Supermärkten haben sie früh gespürt und darauf mit der Erweiterung ihres Angebots erfolgreich reagiert. Party- und Lieferservice kamen ebenso dazu wie das tägliche Mittagessen, das Doris Haas mit ihrem Team frisch zubereitete. Treu waren auch ihre Angestellten, die teilweise über Jahrzehnte hier arbeiteten.

Jetzt gibt das Ehepaar alters- und krankheitsbedingt auf. Ihr Haus nebst Betriebsanlagen haben sie verkauft und sind gegenüber in eine geräumige Wohnung im obersten Stockwerk des architektonisch auffälligen KWG-Hauses zur Miete gezogen.

Beata Kominczak, die mit ihrem Mann das Anwesen gekauft hat, ließ sich aber von Doris Haas überzeugen, beruflich umzusatteln und Frühstück, Mittagstisch und Lieferservice anzubieten. Sie wird die Neueinsteigerin anlernen, um aus der Metzgerei die „Burgküche“ zu machen. Ein modernes Bistro mit schmackhafter Hausmannkost soll es werden, die man sich auch nach Hause bestellen kann. Im August soll es losgehen.

In der Umbauphase soll aber auch Essen recht originell aus dem Fenster heraus verkauft werden. So ganz loslassen geht dann wohl doch nicht bei Doris Haas. Ihr Mann hat inzwischen das Golfen entdeckt und kann ohnehin von seiner Dachterrasse gegenüber beobachten, was in seinem ehemaligen Geschäft vor sich geht.